Lebensdaten:
Lebensdaten:
„Zieten aus dem Busch“ nannten ihn die Deutschen ehrfürchtig und bewundernd. Hans Joachim von Zieten steht nicht unverdient in der ersten Reihe der Großen unseres deutschen Volkes. Seine Lebensleistung aus einem verarmten Elternhaus bis hin zu einem der populärsten Helden der deutschen Militärgeschichte wurde durch verinnerlichte Disziplin, Gottvertrauen und eisernem Willen ermöglicht. Obwohl aus altem Adel stammend, wuchs der junge Zieten in Armut und Bescheidenheit auf, was bei vielen großen Söhnen und Töchtern unseres deutschen Volkes auffällig förderlich für die spätere Ausreifung von besonderen Leistungen gewesen zu sein scheint. Sieben Kinder hatten die armen Eltern zu ernähren, wovon schon drei frühzeitig verstarben.
Hans Joachim von Zieten war von kleiner Gestalt und zarter Stimme. Seine Eltern waren überrascht, als der Junge schon im Alter von neun Jahren ein fulminantes Interesse am Militär zeigte. Hans Joachim von Zieten drängte mit großer Energie in die militärische Laufbahn und seine Eltern stimmten letztlich 1715 der Aufnahme des nunmehr 16jährigen in das bei Neuruppin stehende Regiment der „Gelben Kürassiere“ als Freikorporal zu. Der zu dieser Zeit diese Garnison kommandierende Generalmajor Johann Siegmund Freiherr von Schwendy beschrieb in einem Bericht an den preußischen König Friedrich Wilhelm I. Hans Joachim von Zieten als: „…ist gar klein und von schwacher Stimme für das Commandieren…“ (Zitatquelle Wikipedia)
Schon 1720 starb sein Vater und Hans Joachim fiel die Rolle des Familienoberhauptes zu. Nicht anders wie heute, lagen viele Gehöfte und Familien unter einer bleiernen Decke aus Schulden und gerichtlichem Prozedere, was viel Lebenskraft erforderte. Diese zusätzliche Last schulterte der junge Zieten zusätzlich und meisterte in den folgenden 30 (!) Jahren sämtliche gerichtlichen Auseinandersetzungen in diesen Angelegenheiten erfolgreich.
Zieten wurde in jungen Jahren nicht ernst genommen, seine reifende Außerordentlichkeit nicht wahrgenommen – alle erwarteten und weiter fälligen Beförderungen gingen am ihm, seit seiner Erhebung 1722 zum Fähnrich, vorüber. Am 28. Juli 1724 muß es dem zu Unrecht Gekränkten wohl gereicht haben, denn er entwich heimlich seinem Regiment, um den König persönlich aufzusuchen. Das dabei abgegebene Gesuch um Beförderung quittierte der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm der I. mit der Entlassung des Ungehorsamen aus der Armee: „…Soll seine Dimission haben…“ schrieb der harte König lapidar auf den Rand des vorgelegten Gesuches statt der sehnlich erhofften Beförderung.
Schon 1725, also nur ein Jahr später, zog es Zieten abermals zum Militär. In Insterburg erlangte er die Einstellung als Oberleutnant in das Dragonerregiment „von Wuthenow“. Zietens sich mit der Reife stetig entwickelnde Konsequenz und sein Gerechtigkeitssinn mußten früher oder später zu Konflikten führen und im Jahre 1726 bescherte es ihm ein Jahr Festungshaft. Nach der Rückkehr aus der Haft überfiel der unversöhnliche Kontrahent, welcher ihm die Haft eingebracht hatte, Zieten hinterrücks und Zieten mußte – obwohl Opfer – erneut die Schuld tragen und die Armee verlassen. Alles in allem zeugte bis dahin von keiner erfolgversprechenden Entwicklung zu dem außerordentlichen Militärgenie, welches er später doch noch werden sollte. Doch Zietens berühmte Zähigkeit sollte versperrte Tore öffnen.
Zieten galt als begnadeter Reiter. 1730 begann sein Durchbruch zum Erfolg mit dem abermaligen Eintritt in das preußische Militär und folgender Ernennung zum Rittmeister. Sein Ausbilder, der österreichische Husarenoberstleutnant von Baronay, krönte die Ausbildung Zietens mit einer Manöverprüfung in der eigenständigen Entwicklung des taktischen Herangehens in der Umgehung und Angriffsentwicklung mit Kavallerie. Zieten meisterte dieses Manöver derart geschickt und tapfer, daß diese Nachricht bis zum König vordrang. Major Zietens strategisches Talent entfaltete sich von nun an rasant. Im kurz darauf folgenden Ersten schlesischen Krieg nahm Zietens Reiterhaufen in Rotschloß etliche Gefangene eines österreichischen Kavallerieregimentes, darunter auch seinen früheren Ausbilder Oberstleutnant von Baronay. Zieten hatte nunmehr seinen schon genialen Meister überrundet. 1741 verlieh ihm der preußische König für diesen beachtlichen Coup die höchste preußische Auszeichnung, den „Pour le Merite“. In Berlin auf dem Wilhelmsplatz erinnert noch heute eine Tafel am Zietendenkmal daran.
Zieten wurde aber unverändert unterschätzt und wegen seiner äußeren Gestalt oft Ziel des Spottes von Kameraden, die in Folge zu Raufhändeln ausarteten. 1739 eskalierte eine dieser Auseinandersetzungen zu einem bewaffneten Kampf mit seinem Vorgesetzten Oberstleutnant Ludwig Alexander von Wurmb, welcher glücklicherweise trotz beidseitiger Verletzungen keine Disziplinarstrafen zur Folge hatte, da der König schwer erkrankt mit sich selbst beschäftigt war.
Zietens Naturell, was nach außen als aufbrausend und streitlustig wahrzunehmen sein könnte, war jedoch tatsächlich geprägt von solider Dienstauffassung, hervorzuhebender Güte, aufrichtigem protestantischem Gottvertrauen und liebevoller Strenge. Dieses Ethos prägte den selbst von Krankheiten wie langanhaltenden Kopfschmerzen und Gicht geplagten Mann in seinem Tun stoisch. Die übliche Prügelstrafe im Regimentsalltag war für ihn, der obwohl körperlich klein gewachsen und damit oft genug selbst Opfer war, kein Mittel um eigene Unzulänglichkeiten aus der Position des späteren Machthabenden zu überdecken. Zieten lehnte diese Form der Bestrafung vehement und als unakzeptabel ab. Mit kameradschaftlich – feinfühligem Geist und Vorbildwirkung, besonnener Tapferkeit und unorthodoxem Denken schuf sich Zieten die ihn in späteren Jahren so berühmt machende Aura.
Zietens Aufstieg in der preußischen Armee nahm Fahrt auf.
Im Ersten schlesischen Krieg stieg der Husarenmajor rasch in mehreren Schüben durch erzielte Erfolge an der Front zum Oberst auf. Seine Bescheidenheit war das eine, seine unverhandelbare Vaterlandsliebe das andere. Das Dritte aber war seine unbändige Energie, die Zieten selbst im Winterquartier nutzvoll verwendete, um sich mit der Arbeit an der Reorganisation der preußischen Reiterei zu beschäftigen. Der Oberst hatte erkannt, daß eine schnell in Bewegung zu versetzende und flexibel einsetzbare Kampfeinheit wie die Leichte Kavallerie, der sich am Horizont abzeichnenden Entwicklung der modernen Kriegsführung entspricht und deren rechtzeitige Verinnerlichung über Sieg und Niederlage entscheiden kann. Damit bewies der legendäre Zieten schon zu Lebzeiten, daß er das Talent besaß, über den Ereignishorizont hinauszusehen.
Im Jahre 1744 entfaltete der inzwischen mit dem Generalmajorspatent ausgestattete Hans Joachim von Zieten seine Fähigkeiten in bislang unbekannter Form. Sein legendäres Husarenregiment Nummer 2, was zudem durch neue, weithin sichtbar rote Uniformen ausgestattet war, konnte in der Feindberührung bei Moldauthein in Böhmen erstmals in eigener Regie eine größere gegnerische Streitmacht in einem heftig geführten Gefecht selbständig besiegen.
Sein Einsatz in der militärhistorisch bedeutsamen Schlacht von Jägerndorf in Schlesien, wo er in nächtlicher Stunde mit seinem Regiment die 20.000 Mann starken Truppen der Österreicher erfolgreich durchquerte, um die Vereinigung der preußischen Truppen zu ermöglichen, brachte den seither geflügelten Begriff des „Zietenritt“ hervor.
Zietens entwickelte Taktik war unorthodox und von großem Mut geprägt, aber niemals unbesonnen geführt. Am 28. November 1745, als dem kleinen preußischen Heer die Lage zu entgleiten drohte, durchbrachen die Zietenhusaren bei Katholisch-Hennersdorf unter seiner beherzten Führung den schon sicher geglaubten Siegesrausch der Gegner durch eine geschickte Umgehung und Einfall aus einem Wald und Buschgelände in das gegnerische Heer. Der wohl gängigste Umgangsname für ihn, nämlich „Zieten aus dem Busch“, wurde so geboren.
König Friedrich II. von Preußen hatte die Husarenlegende Zieten auch in Friedenszeiten nicht vergessen und dankte ihm mit Geld und Baumaterial, auf daß der Zieten erstmals ein ordentliches Schloß erhalten solle. Zieten besaß bis dahin trotz seiner Bedeutsamkeit noch immer nur sein ärmliches Vaterhaus in Wustrow, was er oft als „Kaluppe“ bezeichnete. Dieses alte Vaterhaus steht noch heute und ist inzwischen als sehr sehenswertes, privates Museum ohne zeitgeistige Geschichtsauslegung, eingerichtet. Siehe hier: http://www.brandenburg-preussen-museum.de/willkommen.html
Inmitten einer der gelegentlich längeren Demissionsphasen von Zieten starb dessen erste Frau. Es ist überliefert, daß der alte Zieten nach dem Eintritt des Todes seiner Frau eine längere Zeit schweigend am Totenbett verharrte, schließlich aufsteht, seiner Schwägerin die Hand reicht und sie auffordert, mit ihm Suppe zu essen. Louise von Blumenthal, die sich mit Zietens Lebensgeschichte befaßt hat, schrieb dazu 1797: „Man halte diese Standhaftigkeit Zietens ja nicht für Kaltherzigkeit, Härte oder Mangel an Gefühl. Sie war die Frucht seiner vielfältigen Erfahrungen und Uebung im Leiden, und seiner ächt religiösen Grundsätze und Gesinnungen.“ (Quelle: Louise J. L. von Blumenthal, 1797, 275. Subquelle: Angelika Epple: Empfindsame Geschichtsschreibung – Eine Geschlechtergeschichte der Historiographie zwischen Aufklärung und Historismus)
Mit dem Ausbruch des Siebenjährigen Krieges wurde Friedrich II. bei dem Generalmajor im Ruhestand persönlich vorstellig, um ihn wieder zu reaktivieren. Der nunmehr „alte Zieten“ fackelte nicht lang und zog den roten Rock erneut über. Dies sollte sich in den folgenden Kriegsjahren als Überlebensversicherung für Friedrich II. als auch Preußen als Ganzes erweisen, denn nun kam die von Zieten entwickelte Strategie der reformierten Reiterei zum entscheidenden Einsatz.
Im schnellen Ablauf der alsbald folgenden Schlachten von Reichenberg, Kolin, Glogau und Liegnitz bis zu den Süptitzer Höhen schrieben die Zietenhusaren Militärgeschichte.
1758 führte die militärische Fehlentscheidung von Friedrich dem Großen zu einer äußerst schwierigen Lage der Preußen bei Hochkirch, nahe Bautzen in Sachsen. Friedrichs Festungsbaumeister hatte die Nachtlagereinrichtung im Ort Hochkirch wegen strategischer Fehlauswahl verweigert, der König dessen Befugnisse prompt einem anderen übertragen, der des Königs Willen umsetzte. Der alte Zieten sah die Fehlentscheidung ebenso deutlich, verzichtete aber auf eine Konfrontation mit dem König. Stattdessen reagierte der alte Fuchs wie gewohnt pragmatisch, indem er gegen des Königs Befehl seine Reiterei an der vorgelagerten Schmiede eben nicht absatteln ließ. Diese Weitsicht rettete die Preußen in Hochkirch möglicherweise vor der absoluten Niederlage und Eliminierung. Als im Morgengrauen des 14. Oktober im dichten Nebel Marschall Dauns Panduren Hochkirch angriffen, konnten die Kavallerie Zietens sowie General Seydlitz dank ihrer sofortigen Einsatzfähigkeit das Schlimmste verhindern. Der Rückzug der schwere Verluste tragenden Preußen konnte halbwegs geordnet abgesichert werden.
Der zum Generalleutnant aufgestiegene Zieten vermochte später auch in der Schlacht bei Liegnitz am 15. August 1760 das überlegene österreichische Hauptheer in Schach zu halten, womit es nicht in diese bedeutsame Auseinandersetzung eingreifen konnte.
Die in diesen sieben Kriegsjahren militärisch oft aussichtslose Lage stürzte den preußischen König in dessen verschanztem Lager Bunzelwitz 1761 in eine tiefe Depression. Der väterliche Freund und nunmehrige General Zieten eilte nach Bunzelwitz und holte den maroden König aus dessen Tief. Dieser schon seelsorgerisch anmutende Einsatz hob die Kampfmoral des Königs und damit der Truppen als Ganzes wieder entscheidend. Für Zieten bedeutete dies, daß er fortan immer öfter mit dem Oberbefehl über die gesamte preußische Armee bei Abwesenheit des Königs betraut wurde.
Im für damalige Zeiten hohen Alter von 65 Jahren ersuchte der alte Zieten seinen König um einen Heiratskonsens. Seine erste Frau war bereits seit 8 Jahren verstorben, sein Sohn ebenso seit vielen Jahren tot. Hans Joachim von Zieten heirate nun die fünfundzwanzigjährige Hedwig Albertine von Platen. Dem Paar wurden noch drei Kinder geboren.
Die Friedensjahre im nunmehr endgültigen Ruhestand nutzte Zieten, um mit Heeresinspektionen und als Ausbilder den hohen Kampfstand des legendären Regimentes zu erhalten. Sein Einsatz in der Wohltätigkeit in diesen Jahren entsprang seinem tiefen christlichen Glauben, den er selbstverständlich lebte und der Wertschätzung der einfachen autochthonen Landeskinder, die Garanten für einen gesunden Staat sind.
Beide Männer, Zieten als auch der Alte Fritz (König Friedrich II.), verband eine tiefe Wertschätzung und ein wechselseitiger Respekt, der in zahlreichen Anekdoten eingegangen ist.
Anekdoten
Bei einem Abendessen in Sanssouci schlief der inzwischen schwer betagte Zieten im Sessel bei Tisch sitzend ein. Dieser Affront in Gegenwart des Königs erschrak die Tafelteilnehmer sehr und sie suchten den Alten zu wecken. Der König, dem dies nicht entgangen war, fiel den Männern in den Arm und sprach: „Laßt den Alten schlafen, er hat lang genug für uns gewacht!“
Ein andermal besuchte der Alte Fritz den noch viel älteren Zieten in dessen Sitz in Wustrau. Bei der Gelegenheit zeigte Zieten dem König seinen künftigen Grabplatz, auf welchem sich ein unförmiger und eher häßlicher Riesenfeldstein befand. Der König zeigte auf eine der häßlichen Stellen des Steines und sprach: „….Zieten, der Stein hat ja einen Fehler!…“. Der alte General Zieten lächelte und erwiderte in gewohnt bescheidener Art: „… Majestät, der darunter liegen wird, hat noch mehr! …“
Die diesen großen Deutschen aber bezeichnendste Anekdote ist unzweifelhaft jene von dem Karfreitag folgenden Essen an der königlichen Tafel. Der preußische Hofprediger Eylert überlieferte es als Gedächtnisprotokoll:
Der alte General ließ sich entschuldigen, daß er nicht kommen könne, weil er zum heiligen Abendmahl zu gehen gedächte. Der König fragte den alten Zieten bei dem nächsten Essen scherzhaft: „Nun Zieten, wie ist ihm das Abendmahl am Karfreitag bekommen?“
Zieten erhob und verbeugte sich vor dem König und sprach mit fester Stimme:
„Eure königliche Majestät wissen, daß ich im Krieg keine Gefahr gescheut habe. Wo es darauf ankam, wagte ich mein Leben für König und Vaterland. Solch ein Herz habe ich heute noch. Wenn‘s nütze ist und mein König befiehlt, so lege ich mein graues Haupt zu seinen Füßen. Aber es gibt Einen über uns. Der ist mehr als Eure königliche Majestät, mehr als alle Menschen. Das ist der Heiland der Welt, diesen Heiligen lasse ich nicht antasten und verhöhnen, denn auf ihm beruht mein Glaube, mein Trost und meine Hoffnung im Leben und im Sterben. Untergraben Eure Majestät diesen Glauben, dann untergraben Sie das wahre Wohl des Vaterlandes. Das ist gewiß. Halten zu Gnaden.“
Der sichtlich ergriffene König stand noch während Zietens Rede auf, legte die linke Hand auf dessen Schulter und sprach bewegt: „Glücklicher Zieten! Ich habe allen Respekt vor seinem Glauben. Halt er ihn fest! Es soll nicht wieder vorkommen.“
Zitatquellen: www.zietenhusar.wg.am
Der alte Zieten starb am 27. Januar 1786 in Berlin in der Kochstraße 61/62 und wurde auf dem Wustrauer Erbbegräbnisplatz neben der Wustrauer Dorfkirche bestattet. Seine Totenmaske ist im Wustrauer Preußenmuseum zu besichtigen.