Beitrag

Drei Themen: Vom Fleiß der Schaffenden, vom „Kochen auf anderer Leute Feuer“ und von Leuchttürmen unserer deutschen Kultur

Manchmal muß ich schmunzeln, obwohl es weiß Gott nicht lustig ist: Insbesondere die Lage der Dienstleistungs- und Handwerkerbranche wird dem krisenhaften Endzeitalltag in der DDR vor 1989 immer ähnlicher.

Was ist passiert?

Unsere Dienstleister, Bauern und selbständigen Handwerker verdienen, so finde ich, in einer von irrsinnigen Verordnungen immer stärker gelähmten wirtschaftlichen Infrastruktur unser aller Respekt – denn sie stehen für Hoffnung, Zuverlässigkeit und deutschen Fleiß.

Neider, insbesondere aus nichtschaffenden Bereichen, werfen ihnen oft Gier vor. Dieselben kneifen aber, sobald sie zur Rede gestellt und aufgefordert sind, statt zu maulen doch selbst in diesen wichtigen Branchen aktiv zu werden.

Seit nunmehr zwanzig Jahren werden in unserem Vaterland im Namen eines zweifelhaft daherkommenden „Fortschrittes“ diese für die Gesellschaft relevanten Berufsgruppen Jahr um Jahr mehr abgeschnürt. Ihr Zeitaufwand für die Bearbeitung und Erfüllung oft unsinniger bürokratischer Vorgaben übersteigt die Zeit für die eigentliche Wertschöpfung schon längst. Sie teilen damit das traurige Schicksal unserer Mediziner, Juristen und Polizisten.

So ist es kein Wunder, daß immer mehr Handwerksbetriebe und Bauernhöfe ihre Nachfolge nicht mehr organisieren können, sie oft schon vor der Pension das Handtuch werfen.

Aber jene, welche trotz Schwierigkeiten noch immer bemüht sind, die generative Bildungsweitergabe zu erfüllen und Lehrlinge einstellen möchten – sie finden keine!

Wie wir unschwer erkennen können, handelt es sich also um gleich zwei Problemkreise, die unseren Wertschöpfern zusetzen und die Infrastruktur in Deutschland neutralisieren.

Der erste beschriebene Problemkreis ist uns Deutschen bewußt, jedoch mangels genügend selbstbewußter, mutiger Abgeordneter im Bundestag fraktionsübergreifend in ungezügeltem Wachstum.

Der zweite hingegen ist von uns allen aus eigener Kraft gut auflösbar.

Vom Fleiß der Schaffenden…

Da gibt es drei Beispiele.

Eine Frau mit sechs Kindern, welche mit 48 Jahren Witwe wurde, ging zur IHK und entwarf ein Konzept zur Gründung einer Gaststätte. Beruflich war sie vor langer Zeit eigentlich Pädagogin gewesen, also war es der klassische Sprung ins kalte Wasser. Diese Gaststätte wurde zügig gegründet und eingerichtet.Sie wurde nach etlichen bitteren Jahren roter Zahlen zu einer der gefragtesten Gaststätten in unserer Stadt. Diese Frau hat 17 Jahre Abend für Abend gearbeitet, während andere am Fernseher gesessen oder Tonnen von Steaks im eigenen Garten gegrillt hatten.

Ein Mann, eigentlich Gärtner und Kunstmaler, gründete in unserer Stadt aus dem Nichts ein kleines aber feines Imperium aus zwei Gemüse- und regionalen Feinkostläden und einer Räucherei. Er fand noch genügend Kraft, um gesellschaftlich aktiv zu bleiben und die Kunst und Kultur persönlich zu beleben. Reichtum sieht anders aus, aber auch er besaß dieses „Wir – Gefühl“ und verzichtete auf das Verfassen eines hoch intellektuellen phrasenstrotzenden „eigenen Buches“.

Der dritte Fall ist ein Elektromeister.

Noch zu DDR-Zeiten gründete er seinen privaten Elektroinstallationsbetrieb gegen den damaligen Trend, der heute übrigens wieder der gleiche ist. Er ist schon seit etlichen Jahren weit im Rentenalter und arbeitet noch immer. Nicht um Reichtum anzuhäufen, so etwas strebt man in diesem Alter nicht mehr an – er arbeitet in Treue zu seinen Kunden, die ohne ihn keinen Handwerker mehr hätten. Dieser Mann ist vom Alter und von Krankheit gezeichnet, doch er arbeitet noch immer sauber und zuverlässig, getragen von Pflichtbewußtsein.

Die beiden ersten sind in den letzten zwölf Monaten, wie Reinhard Mey singt, im Stehen gestorben, ohne die ihr zustehende Rente abzuschöpfen.

Der dritte steht noch fest wie ein Fels in der Brandung.

Alle drei keine Ideologen, keine Selbstdarsteller, keine Politniks – sondern bescheiden gebliebene Säulen unserer vaterländischen Gesellschaft.

… und vom „Kochen auf dem Feuer anderer Leute“…

Und dann gibt es eine wachsende Anzahl von zumeist jüngeren Leuten, die weder Risikobereitschaft, noch Ethos, noch Leistungswillen besitzen. Einige von ihnen kreuzen gern den schaffenden Weg von schöpferischen, fleißigen Geistern, die anziehend wirken, wie ein Schwarm Sardinen für den Hai.

Viele dieser Leute richten sich ihr Leben auf Kosten anderer ein.

Da gibt es junge Frauen, die mir pathetisch erzählten, sie würden bewußt von Hartz-4 leben, um „das System nicht zu füttern“. Zwei davon haben ein Kind bekommen und die Väter gleich nach getaner Leistung gnadenlos vor die Tür gesetzt – zum Teil, bevor das Kind überhaupt das Licht dieser Welt erblickte. Beziehungsunfähigkeit? Berechnung? Programm?

Was ist das für eine Lebenseinstellung und Vorbildwirkung für ein heranwachsendes Kind, was für eine gesellschaftliche Grundeinstellung?

Nun zehren sie von den sprudelnden Alimenten, von Staatsbeihilfe, Mindestsicherung – ohne je etwas an Leistung in unsere Gesellschaft eingebracht zu haben, und suchen die Nähe von Projekten, die ihnen und ihrem Weg günstig erscheinen.

Viele Leute verstecken ihren Eigennutz hinter ideologischen oder pseudoreligiösen Fassaden, hinter Phantomromanwelten, immer auf der Suche nach neuen Anhängern und Orten, welche sie mit geringstmöglichem Eigeneintrag besiedeln können – solange, bis ihr Karma sie eingeholt hat und sie erneut weiterziehen zum nächsten lukrativen Ort. Und das „Karma“ ist glücklicherweise gnadenlos: Es gibt kein Entrinnen und kein Verstecken, denn diese Menschen nehmen sich und ihre Wesensart stets auf die Reise mit.

Leuchttürme unserer deutschen Epik der Gegenwart…

Und da es gibt auch Leute, die zurückblicken auf ein leistungserfülltes, hart erarbeitetes Leben, auf Spuren, die sie in der Musik- und Sprachkultur unseres Volkes gezogen haben.

So zum Beispiel Hannes Wader – der Großmeister der deutschen, zeitgenössischen musikalischen Ballade. Sicher, Wader hat auch Lieder gesungen, wo der Wunsch Vater des Gedankens gewesen sein mag, Lieder die man nicht mitsingen muß. Aber es bleibt unbestritten, daß Hannes Wader mit seiner einzigartig klangvollen Stimme zum Kulturerhalt, für unsere Muttersprache, an Lyrik und Epos mehr eingebracht hat, als manch anderer.

Wader, so glaube ich – wäre das Bundesverdienstkreuz mehr als wert. Das hängt man aber zunehmend anderen Leuten um den Hals, so daß ihn außer dem verdienten „Echo“ (Laudatio Reinhard Mey), die Liebe Tausender Deutscher trägt, was einen ungleich höheren Wert zum Ausdruck bringt.

Ich darf youtube empfehlen, wo Vertonungen von Wader zu Franz Schubert markiert sind. (siehe hier: Album: „An Dich hab ich gedacht“) – Link: https://de.wikipedia.org/wiki/An_dich_hab_ich_gedacht_%E2%80%93_Wader_singt_Schubert

Waders Schaffen ist aber ungleich breiter: „Gute Tage“, ein Epos an die Zeit nach dem Weltkrieg aus erlebter Kindessicht, erschienen auf seinem Album: „Mal angenommen“ 2006. https://youtu.be/RSrxoaRB-Ow

Gerade dieses Lied trägt eine unglaubliche Wucht in sich, eine Fülle an Wahrnehmungsfähigkeit – etwas, was durch flachbrüstige Radioberieselung in unserer Gegenwart weitgehend erstickt worden ist.

Wader besitzt die Wucht, ideologischen Kleingeist zu pulverisieren, an das Wesentliche im Leben zu erinnern. Kraft zum so notwendigen Ausruf „Nein, so nicht!“ zu schenken.

Vielleicht spielt man ihn auch deshalb nicht im zwangsgebührenfinanzierten Rundfunk.

Ein drittes Werk: „Jeder Traum“ (Text von Louis Fürnberg), Link hier: https://youtu.be/SREzmJNle1I

Singt er doch hier von der Kraft der Gemeinschaft, des Zusammenhaltes, vom „Aushalten“ von Kämpfen.

Ein viertes, nicht minder wichtiges Werk, dem noch Dutzende, wie z B. „Ännchen von Tharau“ und viele andere zufügbar sind – ist das in die Seele einrauschende Lied „Die Stille“. Link: https://youtu.be/oyrewCSx6oE

Hier schildert Wader in höchst poetischer Klangfülle das hohe Gut der Stille.

…Auch das Dunkel hat Farben, die Stille klingt. Wenn Du willst, daß sie Dich wieder zu Dir bringt – dann gib acht, Deine Ohren sind zu ungeübt, um den Ton zu deuten, Dein Blick ist getrübt. Von zu hastig wechselnden Bildern im Schein, von Sensationen und es könnte gut sein, daß Du Dir selbst begegnest wie einem Gespenst, nur weil Du die Kräfte der Stille nicht kennst…“

Alles höchst unmoderne Dinge, nicht? Aber das Leben ist mehr als kurzlebiger Zeitgeist, Fanatismus, Hype: es ist eine Wanderung durch eine von Menschenhand geschaffene Nebelwand, die durch Leuchttürme der geschilderten Art markiert wird. Es ist ein immerwährendes Aussortieren von sich feilbietenden Irrlichtern, Trittbrettfahrern – andererseits die Entdeckung von wirklich wichtigen Begleitern.

Sie, liebe Fördermitglieder und Unterstützer, geben uns die tägliche Kraft für unseren ehrenamtlich sehr zeitzehrenden Einsatz. Dieser hohen Verantwortung werden wir mit eigenem Vorangehen freudig gerecht. Wir werden durch Sie und Ihre Unterstützung getragen.

Informieren Sie sich bitte regelmäßig auf unserer Webseite unter www.landleben19.de .

Ihr

Helge Hilse